Next Generation – Digitalisierung im Zeichen des Generationenwandels


Spätestens wenn die Unternehmensnachfolge ansteht, rüsten Unternehmen digital auf. Um den Fortbestand des Betriebs zu sichern, muss dieser an die Anforderungen der Zukunft angepasst werden. Im Ergebnis bieten sich Zeit- und Kostenersparnis und bessere Chancen im Markt, wie wir im folgenden Beitrag herausstellen.

Der Name macht es deutlich: Handwerk hat seit jeher mit Handarbeit zu tun: Rohre werden von Hand verschweißt, Möbel händisch verschraubt, ein Dachstuhl noch immer mit viel Muskelkraft gestellt und die Rechnung dann auf der Tastatur selbst, von Hand, geschrieben. So sah der Alltag im Handwerksbetrieb zumindest bis vor wenigen Jahren aus. Heute haben digitale Techniken viele dieser Tätigkeiten einfacher gemacht oder gar komplett übernommen. Statt von Hand aus den Balken gehauen oder gesägt, wird der komplette Abbund eines Dachstuhls nun CNC-gesteuert gefertigt. Die Möbelplanung basiert auf modellbasierten Daten, quasi auf BIM, und viele Büroarbeiten sind durch Computer, Software und Online-Programme digitalisiert.

Die Umstellung erfolgt dabei häufig im Zuge des Generationenwechsels, wie Studien aus den letzten Jahren belegen können: Tritt der Nachwuchs eine Führungsposition im Betrieb an, bringt er neue digitale Techniken mit und stellt die Produktionsweise um. Auch wenn ein Außenstehender die Unternehmensnachfolge übernimmt, geht der Wechsel in der Regel mit einer verstärkten Digitalisierung einher. Denn nur Betriebe, deren Fortbestand gesichert ist und die auch in Zukunft überlebensfähig sind, sind für eine Übernahme interessant, wie beispielsweise in einem Artikel aus dem Herbst 2021 im forum handwerk digital verwiesen wird.

Herausfordernd: Babyboomer weichen der Millenniumsgeneration

Für diejenigen, die im Hinblick auf Digitalisierung noch Nachholbedarf haben, ist daher durchaus Eile geboten. In den kommenden zehn Jahren wird ein Großteil der Babyboomer-Generation in Pension gehen. Darauf verwies unter anderem das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung in einer Studie. Der demographische Wandel schlägt dann voll auf den Arbeitsmarkt durch und der einhergehende Fachkräftemangel erhöht sich in der Folge weiter. Betroffene Firmen stehen daher bereits jetzt vor mehreren Herausforderungen: 1. Sie müssen die Nachfolge in einer Zeit des Fachkräftemangels planen. 2. Der Wissenstransfer innerhalb des Teams ist sicherzustellen und 3. die Digitalisierung im Generationenkontext weiter voranzutreiben. Denn letztlich ist die Weitergabe der im Unternehmen gebündelten Fachkenntnisse von Alt an Jung eine elementare Voraussetzung für den Fortbestand des jeweiligen Betriebs; das Knowhow wird damit quasi zum Goldschatz im eigenen Keller.

Dieses Ziel im Fokus, spielt die Digitalisierung schon deshalb eine Hauptrolle, weil die Milleniumgeneration anders als ihre Eltern mit Internet, Computer, Smartphone und Social Media groß geworden ist und weder die Werkzeuge noch die Technologien im Berufsleben missen möchte. Auch Themen wie Home-Office, vorangetrieben durch die Pandemie, mobiles Arbeiten und nicht zuletzt New Work, bei der ein Arbeitsumfeld geschaffen werden soll, in dem Mitarbeiter selbstbestimmt sinnstiftend arbeiten können, fordern erweiterte technologische Möglichkeiten. Hinzu kommen die Anforderungen des Marktes, denen Unternehmen, die flexibler, schneller und qualitätsvoller – also digitalisiert arbeiten – besser gerecht werden.

Schritt für Schritt umstellen: Erst Mitarbeiter einbinden, dann Lösungen implementieren

Demgegenüber stehen Ängste, die es insbesondere bei älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu lösen gilt, damit die Digitalisierung zum Erfolg wird: Nur wenn sie IT-affin sind und bereit, sich auf neue Methoden und Prozesse einzulassen, werden die moderne Technik und eine mit dem Begriff New Work verbundene Arbeitsweise in interdisziplinären, lokal verteilten Teams angenommen. Die Umstellung von der händischen auf die digitale Arbeitswelt muss daher Schritt für Schritt erfolgen. Hierbei gilt es alle einzubinden, von der Geschäftsführung bis zu den Auszubildenden im eigenen Unternehmen. Alle Mitarbeitenden sind vom Start weg in sämtliche Entscheidungsfindungen einzubinden, die ihr Arbeitsspektrum auch nur berühren. Darüber hinaus ist jedes Team auf neue Werkzeuge und technische Hilfsmittel wie spezifische Software oder mobile Scansysteme auf den Baustellen zu schulen. Denn mit der Digitalisierung gehen neue Arbeitsprozesse bzw. eine Optimierung bisher etablierter Prozesse einher. Vor weitreichenden Prozessveränderungen ist daher erst eine zukunftsfähige Produktions-, Vertriebs- und Digitalisierungsstrategie zu entwickeln, direkt gefolgt von Investitionen in moderne Computertechnik, Arbeitsgeräte, Software, Kassen- und Buchführungsprogramme, Planungs- und Produktionslösungen und vieles mehr.

Es zeigt sich immer wieder: Den Mut, solche Herausforderungen anzupacken, bringt die alte Geschäftsführung oft erst dann auf, wenn die Jugend einsteigt. Denn diese hat immer auch moderne Technik im Gepäck. Sie geht oft davon aus, dass eine digitale Infrastruktur die Basis moderner Betriebsführung bildet und zu Zeiteffizienz und Ergebnisoptimierung führt. Wie die Digitalisierung im Handwerksunternehmen konkret gelingen kann, zeigen die Praxisbeispiele, die das ITB (Institut für Technik der Betriebsführung) in einer umfassenden Dokumentation zusammengetragen hat, eindrücklich.

Zeit und Kosten sparen – und gleichzeitig die Qualität erhöhen

Mit einer passenden, leistungsfähigen, mobilen Technik ausgerüstet, erstellen die Mitarbeitenden ihre Auftragsbestätigung bereits beim Kunden zuhause, übermitteln Aufmaße ad hoc von der Baustelle und direkt an ihre Zentrale oder dokumentieren ihre Einsatzzeiten und Leistungen vor Ort per Zeiterfassungs-App. Sie arbeiten mit Drohnen, nutzen Datenbanken zur Kundenpflege, erstellen Videos um Referenzen zu zeigen und bespielen Social-Media-Kanäle, um den Kontakt zu Kundinnen und Kunden zu pflegen. Nicht zu vergessen sind immersive Technologien wie Virtual Reality und Augmented Reality oder Roboter, die computergesteuert fräsen, sägen, verbinden oder montieren. All dies spart mittelfristig und in Zeiten von Rohstoffknappheit und Personalmangel Kosten und Zeit und erhöht letztlich auch die Qualität der Produkte und des Betriebs, wovon letztlich wieder alle profitieren – Jung ebenso wie Alt.


14.06.2022