Praxisbeispiel: Online-Plattformen für den Handel mit nachhaltigen Rohstoffen


Digital und nachhaltig: Online-Plattformen bieten die Möglichkeit, einen digitalen Marktplatz aufzubauen, auf dem Hersteller und Händler ihre Waren inserieren können. Wie der Beschaffungsprozess für nachhaltige Baustoffe dabei transparenter, effizienter und sicherer gemacht werden kann, zeigt das folgende Praxisbeispiel des Startups Cathago aus Berlin.

Durch die fortschreitende Digitalisierung werden physische Produkte digitalisiert und online vermarktet. Für Bücher, Musik und vor allem kleine elektronische Waren ist dies bereits ein fester Bestandteil des Alltags geworden. Aber auch in der Bauwirtschaft können Produkte digital entworfen, geplant und die Materialien dafür auf Online-Plattformen beschaffen werden. Eine ganze Reihe an Online-Plattformen steht dafür zur Verfügung. Diese bieten unterschiedliche Informationen zu Preisen, Verfügbarkeit, möglichen Lieferdatum, Pflege- und Wartungshinweisen bis hin zu CAD-Modellen an. Gerade der letzte Punkt ist für Produkthersteller eine Herausforderung, denn es gibt zahlreiche Formate – herstellerspezifische, nationale und internationale Standards.

Das Geschäftsmodell dieser Plattformen ist einfach - die Produzenten zahlen für jedes zum Download zur Verfügung gestellte Modell. Die Produkthersteller müssen also wissen, welches Format ihre Kunden benötigen und müssen die Informationen auf den Plattformen, die sie bedienen aktuell halten. Ein weiterer Aspekt ist der sogenannte LOI („Level of Information“), d.h. die Datenformate können mit beliebig vielen Details ausgestattet sein. Je nach Einsatzzweck für die Modelle werden unterschiedliche Informationen benötigt: Beispielsweise ist in der Entwurfsphase nur die Größe der Tür und die Öffnungsrichtung interessant, während für die Feinplanung auch die Feuerschutzklasse oder die Möglichkeit einer automatischen Öffnung von Relevanz sind. Sind die Modelle aber zu detailliert, werden sie schnell schlecht händelbar. Wie so oft ist auch hier der Dialog zwischen den Anbietern solcher Informationen und den Nutzern wichtig.

Inzwischen gibt es aber eine zweite Klasse an Software, welche eine Schnittstelle zwischen den Produkt-Daten-Managementsystemen der Hersteller und der Plattformen anbietet. Diese Software automatisiert damit den Pflegeprozess und kann die Produkt-Informationen in verschiedene Datenformate wandeln. Doch auch in diesem Feld gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Durch ein Datenformat ist jedoch nicht zwingend eindeutig geklärt, wo welche Information abzulegen ist. Für diese Fälle gibt es aber Richtlinien, beispielsweise die VDI 3805 zum Produktdatenaustausch in der technischen Gebäudeausrüstung. Im besten Fall können die Informationen an den Produkten für die Auslegung der Anlagen verwendet werden, für die häufig auch Simulationswerkzeuge zum Einsatz kommen. Das ist eine hohe Kunst und eine Notwendigkeit, denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Die Digitalisierung zeigt innovative Lösungen auf und kann zeitgleich dazu beitragen, gesteckte Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Dabei ist es auch eine Aufgabe des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Planen und Bauen, innovative Praxisbeispiele in der Baubranche aufzuzeigen, wie etwa das des Startups CATHAGO aus Berlin.

CATHAGO ist ein ConTech (ConstructionTech) Startup, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Nachhaltigkeit in der Baubranche durch digitale Lösungen zu stärken. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Baubranche ist weltweit für rund 30% der CO2-Emissionen und 40% des Ressourcenverbrauchs verantwortlich. Außerdem lassen sich rund 50% des deutschen Müllaufkommens auf das Baugewerbe zurückführen. Wer sich diese Zahlen genau anschaut merkt schnell, dass die Baubranche eine entscheidende Rolle im Klimawandel einnimmt und dass sich hier etwas ändern muss.

Die Ursachen, die zu diesem enormen Ausstoß in der Baubranche führen, sind vielseitig:

  • Mangelnde Aufklärung zum Thema Nachhaltigkeit,
  • Ressourcenverschwendung im Bau,
  • Geringe Verfügbarkeit nachhaltiger Baustoffe.

Ein großes Problem liegt außerdem im Einkauf: Der Preis ist meist der entscheidende Faktor in der Materialplanung. Dazu kommt die fehlerhafte Annahme, dass nachhaltige Baustoffe per se teurer sind. Die langfristigen Wertsteigerungen und die Reduktion der Betriebskosten durch den Einsatz nachhaltiger und energieeffizienter Materialien wird oft ignoriert.

Um Aufklärung und wettbewerbsfähige Preise im Markt zu schaffen sowie die allgemeine Verfügbarkeit und Präsenz von nachhaltigen Baustoffen zu erhöhen, benötigt es eine zentrale Anlaufstelle, mittels welcher alle Informationen gebündelt werden. Dafür arbeitet CATHAGO am Aufbau eines digitalen Marktplatzes, auf dem Baustoffhersteller und Händler ihre Waren inserieren können.

Eine große Herausforderung stellt dabei die Definition und die Nachvollziehbarkeit von nachhaltigen Baustoffen dar. Es gibt zahlreiche Zertifikate und Normen auf dem Markt, sodass es für Kunden nahezu unmöglich ist zu erkennen, welche dieser Stellen als vertrauenswürdig einzustufen sind. Um Klarheit zu schaffen, geht CATHAGO in die enge Kooperation mit ausgewählten Zertifizierungsstellen, um einheitliche Normen und Richtwerte zu definieren. So werden alle angebotenen Produkte den gleichen Standards und Bewertungskriterien unterliegen.

Ein weiterer Teil der Innovation wird in der Aufbereitung und Nutzbarmachung der Produkt- und Plattformdaten liegen. Die gesammelten Informationen werden strukturiert aufbereitet, mit dem Ziel, Europas größtes Leistungsverzeichnis für nachhaltige Baustoffe zu schaffen. Projektträger und Generalunternehmer werden über die Möglichkeit verfügen, das Leistungsverzeichnis über Plug-In Lösungen in ihre Modellierungssysteme einzupflegen. Das erleichtert nicht nur den Beschaffungsprozess in der Bauausführung, sondern fördert das nachhaltige Bauen bereits in der Planungsphase.

Zusätzlich sieht das Startup viel Potenzial in der Gebäudezertifizierung. Die Aufbereitung der Daten wird den Prozess in Zukunft vereinfachen, in dem die reibungslose und zuverlässige Dokumentation von Bauprozessen und eingesetzten Materialien gewährleistet wird.

Angetrieben von der Motivation, die Branche nachhaltig und digital aufzustellen, setzt das Team von CATHAGO auf einen starken Austausch mit genau diesen Unternehmen. Dabei fokussieren sie sich auf die enge Zusammenarbeit mit Projektträgern, Bauunternehmen, Baustoffanbietern sowie Verbänden und Kammern. Nur durch Kooperationen mit Branchenexperten wird es möglich sein, Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette voranzutreiben.


22.12.2020