Im Rahmen dieses Projektes wurde der Abwasserwärmetauscher und dessen Anschlusssituation an die Wärmepumpe des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e.V. visualisiert. Für die Visualisierung wurde ein Mixed Reality fähiges Head-Mounted Display eingesetzt.
Ausgangslage
Das Institut für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e.V. kurz „iro“ wurde 1988 gegründet. Das Institut versteht sich als Schnittstelle zwischen der Wirtschaft, kommunalen Träger sowie Verbänden und der Forschung und Lehre an der Fachhochschule. Ziel des Instituts ist es, die einzelnen Akteure des erdverlegten Rohrleitungsbaus zusammenzuführen, ihre gemeinsame Arbeit voranzutreiben und damit Fortschritt und Innovation zu fördern.
Die Wärmerückgewinnung aus Abwasser ist ein Teil der Forschungsarbeit des Instituts. Im Jahr 2012 wurde die Heizungsanlage des Instituts in der Ofener Straße 18 in Oldenburg (Niedersachsen) für die Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser umgerüstet. Dazu wurden auf einer Länge von 15 Metern Wärmetauscherelemente in die Abwassermischleitung eingebaut. Das Rinnenwärmetauscher-System befindet sich im unteren Teil des Rohrs und wird von dem Abwasser überströmt. Die Anschlussleitungen in den Heizungsraum führen die Abwärme direkt der Wasserwärmepumpe zu. Die Wärmetauscher wurden von der UHRIG Energie GmbH hergestellt.
Ziel
Ziel dieses Projektes war die Visualisierung des Rohrleitungsverlaufs zwischen dem Wärmetauschersystem und der Wärmepumpe. Die Visualisierung soll der Wissenschaftskommunikation und der Bürgerbeteiligung dienen. Durch die Darstellung des Rohrleitungsverlaufs mittels eines Mixed-Reality (MR) fähigen Head-Mounted Display (HMD) soll das Prinzip verständlich erklärt werden können und auch Personen zugänglich gemacht werden, die weniger fachlichen Bezug zum Rohrleitungsbau haben. Diesen Personen wird durch die Visualisierung verdeutlicht, wie solche Projekte in der Praxis umgesetzt werden. Darüber hinaus wird ein Anwendungsbeispiel für MR-Technologie im Bauwesen erzeugt, welches zur Nutzung und Weiterentwicklung dieser Methodik anregen soll.
Theorie Mixed Reality
Mixed Reality ist ein Begriff, der mithilfe des Realitäts-Virtualitäts-Kontinuums von Milgram und Kishino (1994) erklärt werden kann. Das Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum verbindet die vollständig reale Umgebung mit der vollständig virtuellen Umgebung. Zwischen diesen beiden Umgebungen liegen die erweiterte Realität, allgemein als Augmented Reality (AR) bezeichnet, und die erweiterte Virtualität, Augmented Virtuality (AV). Die gemischte Realität, auch Mixed Reality (MR) genannt, umfasst Technologien aus den Bereichen AR und AV und deckt auch alles dazwischen ab. Immer dann, wenn die Realität um virtuelle Objekte erweitert wird, kann von Mixed Reality gesprochen werden. Head-Mounted Displays, die MR-Anwendungen wiedergeben können, zeichnen sich dadurch aus, dass sie die reale Welt nicht ausblenden. Die virtuellen Inhalte werden in die reale Umgebung eingeblendet.
Umsetzung
Für die Visualisierung des Rohrleitungsverlaufs in einem MR Head-Mounted Display wurde ein 3D-Modell benötigt. Für die Erstellung von 3D-Modellen werden im Bauwesen CAD-Anwendungen verwendet, um die Modelle zu erzeugen.
Das 3D-Modell des Wärmetauschers wurde durch unseren Kooperationspartner der UHRIG Energie GmbH im IFC-Format bereitgestellt. Von dem Heizungsraum und dem Verlauf sämtlicher Rohrleitung gab es keine Bestands-3D-Modelle. Daher musste das Modell erzeugt werden. Für die Aufnahme der Situation im Heizungsraum wurde eine Punktwolke mithilfe eines Laserscanners erzeugt. Die Punktwolke des Raumes wurde anschließend in ein CAD-Programm importiert. Anhand der Punktwolke wurde die Raumgeometrie, die Rohrleitungsgeometrie und der Standort sowie die Geometrie des Wärmetauschers und des Pufferspeichers abgleitet. Der Verlauf der Leitungen im Erdboden konnte einem 2D-Plan entnommen werden und wurde dementsprechend modelliert.
Um das Modell in dem Head-Mounted Display sichtbar zu machen, wurde eine CDE-Anwendung verwendet, die sowohl für PCs als auch für das verwendete HMD zur Verfügung steht. Das gesamte Modell wurde als IFC-Datei aus dem CAD-Programm exportiert und in das CDE-Programm importiert.
Das Modell kann nun in dem Head-Mounted Display aufgerufen werden. Um das Modell zu platzieren, gibt es je nach Programm unterschiedliche Möglichkeiten. Eine gängige Methode ist die Verortung mit einem Marker. Dafür wird der Marker in dem CAD-Modell an eine Position, zum Beispiel einer Wand fixiert, welche auch im physischen Raum existiert. Anschließend kann der Marker als QR-Code ausgegeben und ausgedruckt werden. Der ausgedruckte QR-Code wird an der exakten Position im physischen Raum platziert, an dem er im CAD-Modell platziert wurde. Die Überlagerung des echten Raumes mit dem virtuellen Modell wird durchgeführt, in dem die anwendende Person den QR-Code durch das HDM scannt.
Das virtuelle Modell wurde so im Maßstab 1:1 in das Head-Mounted Display geladen und mit dem physischen Raum überlagert. Im Fall des Heizungsraums wurde dafür der Marker an einer physischen Wand befestigt. Außerdem ist es möglich das Modell durch ein Mobiles-Endgerät wie einem Smartphone oder Tablet zu betrachten.
Fazit und Ausblick
Die Visualisierung des Rohrleitungsverlaufs und des Abwasserwärmetauschers hat funktioniert. Der Marker zur Verortung des Modells mit dem Head-Mounted Display bleibt dauerhaft im Heizungsraum des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e.V. bestehen. Das Modell ist durch das Head-Mounted Display gut sichtbar und hilft bei der Veranschaulichung des Wärmetauschersystems.
Diese Umsetzung hat gezeigt, dass es möglich ist, Visualisierungsprojekte im Bauwesen mithilfe von Mixed-Reality-Technologien durchzuführen. Mit fortschreitender Digitalisierung im Bauwesen wird die Anzahl der 3D-Modelle zunehmen. Ausgehend vom fertigen 3D-Modell ist es nur noch ein geringer Aufwand, dieses mithilfe von MR-Technologien zu visualisieren. Darüber hinaus schreitet auch die Technologie der Head-Mounted-Displays weiter voran. Die jüngste Ankündigung eines großen Technologiekonzerns über ein erstes eigenes Produkt in diesem Bereich lässt auf weitere Fortschritte am Markt hoffen.